Die Bergarbeiter kämpfen verzweifelt um ihre Privilegien. Aus dem ehemaligen Kohleexportland wird plötzlich ein Importland: „Die Kohle aus der Tschechischen Republik ist qualitativ hochwertiger, und Russland verfügt über fantastische geologische Bedingungen, wodurch sie die Kohle viel billiger verkaufen können“, erklärt Jerzy Markowski, der von 1995 bis 1997 Wirtschafts- und Energieminister in Polen war.
Den Gnadenstoß versetzt ihnen schließlich die USA. Mit der Entdeckung von Schiefergas beginnen die Amerikaner, sich auf die neue Energiequelle zu konzentrieren und kehren der Kohle den Rücken. Die USA exportieren ihre Kohle-Überschüsse massenhaft in die ganze Welt. Das Resultat: Der Preis für das schwarze Gold stürzt in Europa ab. In Polen ist die Kompania Weglowa sogar gezwungen, mit Verlust zu verkaufen, um mit den amerikanischen Preisen mitzuhalten.
Zechen mit Personalüberschuss
Die polnische Kohle ist auch deshalb nicht mehr wettbewerbsfähig, weil die veralteten staatlichen Bergwerke extrem kostenintensive Ungetüme sind: „Die Lohnkosten betragen 60 Prozent der Gesamtkosten. Es dürfte aber nur halb so viel sein!“, bemängelt Jerzy Markowski. In den Zechen arbeiten sehr viele mit: zwischen drei- und sechstausend Angestellte pro Zeche. Doch das wahre Problem sei ein anderes, erklärt der ehemalige Minister: „In Australien wird die Kohle über Tage abgetragen. In Polen muss man dagegen immer tiefer graben, um überhaupt welche zu finden.„
Die Zeche Wieczorek in Nikiszowiec wurde schon vor fast zweihundert Jahren erbaut. Sicherheitsingenieur Marek Braszczok bestätigt, dass man dort immer tiefer graben muss, um auf eine Ader zu stoßen. Also sind auch Wieczoreks Tage gezählt.