Ein Geheimdienstbericht, der dem Investigationskonsortium Disclose zugespielt wurde, beweist, dass die französische Regierung über den massiven Einsatz französischer Waffen durch die arabische Koalition im Jemenkrieg informiert ist.
Der Bericht wurde dem Staatspräsidenten am 3. Oktober 2018 im Elysee-Palast vorgelegt, bei einer Sitzung des Verteidigungsrats in beschränkter Besetzung, mit Verteidigungsministerin Florence Parly, Ministerpräsident Edouard Philippe, sowie Europa- und Außenminister Jean-Yves Le Drian.
Alle Teilnehmer kennen die 15 Seiten des Berichts des französischen Militärgeheimdienstes (DRM). Er listet alle Waffen auf, die Frankreich an die Vereinigten Arabischen Emirate und an Saudi-Arabien geliefert hat. Waffen, die heute im Jemenkrieg eingesetzt werden.
Der Bericht erläutert erstmals die Einsatzpositionen der französischen Waffen am 25. September 2018 im Krieg der von Saudi-Arabien geführten Koalition gegen die Huthi-Rebellen im Jemen.
Die „Jemen-Papers“ widersprechen der offiziellen Version der Regierung: Französische Waffen sind im Jemen-Konflikt sehr wohl im Kampfeinsatz, am Boden, in der Luft und auf See.
Das Profil einer Staatslüge
Die hoch vertraulichen Dokumente des Militärgeheimdienstes beweisen, dass französische Waffen im Jemen Zivilisten töten können (mehr dazu auf Disclose.ngo)
Was die die Regierung sagt:
In einem Radio-Interview auf France Inter am 20. Januar 2019 versichert Verteidigungsministerin Florence Parly noch einmal, ihr sei „nicht bekannt, dass [französische] Waffen in diesem Konflikt direkt eingesetzt“ würden. Sie erklärt weiter, wenn „militärische Ausrüstung verkauft“ worden sei, dann „nur, um den Schutz des saudischen Staatsgebietes gegen Raketenangriffe vom Jemen aus zu garantieren. Aber wir haben in letzter Zeit keine Waffen verkauft, die in dem Konflikt eingesetzt werden könnten.“
Europa- und Außenminister Jean-Yves Le Drian versichert am 12. Februar 2019 im Außenpolitischen Ausschuss des Parlaments: „Wie schon oft gesagt, halten wir uns bei unseren Waffenverkäufen stets an den Vertrag über den Waffenhandel und die darin eingegangenen Verpflichtungen. Wir respektieren diesen Vertrag voll und ganz.“
Die offizielle Version der Regierung lautet also:
- Die von Frankreich an die Koalition gelieferte militärische Ausrüstung ist nicht offensiver Natur. Die saudische Armee benutzt sie ausschließlich zu Verteidigungszwecken.
- Sie wurde niemals gegen Zivilisten oder zur Begehung von Kriegsverbrechen eingesetzt. Frankreich respektiert daher den internationalen Vertrag über den Waffenhandel (ATT). (Vertragstext ATT, siehe Artikel 6, S 6/7)
Was im Bericht steht :
Leclerc-Panzer, mobile Artilleriegeschütze vom Typ Caesar, Mirage 2000-9, Raketen: Der Geheimbericht listet Dutzende von Frankreich gelieferte und von den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien eingesetzte Waffen auf. Er enthüllt damit einen Teil der französischen Waffenverkäufe an die Golfmonarchien.
Bliebe also zu klären, ob die Koalition diese Waffen zu Offensivzwecken und gegen Zivilisten auf jemenitischem Gebiet einsetzt. Genau das zeigen die Recherchen von Disclose an vier Beispielen: Artilleriegeschütze vom Typ Caesar, Leclerc-Panzer, Luftangriffe und Kriegsschiffe.