ARTE

Die Entstehung von ARTE

Ein deutsch-französischer Kulturkanal mit europäischem Auftrag

ARTE 1992 Schafe

Schafe, Senderdesign von Hélène Guétary, über einer Tonspur von Nova/Andrew Orr, 1992

 

ARTE ist ein öffentlich-rechtlicher europäischer Kultursender, der sich an alle weltoffenen und neugierigen Bürger in Europa wendet, insbesondere in Frankreich und Deutschland. Ein Programm für mehrere Publika zu schaffen – das war eine Premiere in der Geschichte des Fernsehens und ist bis heute ein einzigartiges Phänomen in Europa geblieben.

 

Ab 1988 besteht der politische Wille.

Seit den Achtzigern, zur Stunde der großen europäischen Visionen, erklären Deutsche und Franzosen ihren Willen, einen gemeinsamen Fernsehkanal zu schaffen. Ziel ist es, den Deutschen und den Franzosen die jeweils andere Kultur näherzubringen und sie zur europäischen Vereinigung zu ermutigen.

  • 1988: Das Projekt eines deutsch-französischen Kulturkanals wird von Präsident François Mitterrand und Kanzler Helmut Kohl auf dem deutsch-französischen Gipfel in Bonn befürwortet. Die verantwortlichen Behörden, die französische Regierung und die Bundesländer, erklären sich bereit zu prüfen, ob und inwiefern die Gründung eines deutsch-französischen Kulturkanals möglich ist.
  • 1989: Der Baden-Württembergische Ministerpräsident und Bevollmächtigte für die deutsch-französischen Kulturbeziehungen Lothar Späth trifft sich in Paris mit dem französischen Kulturminister Jack Lang und der beigeordneten Ministerin für Kommunikation Catherine Tasca. Dieser Begegnung entspringt eine gemeinsame Erklärung über die Absicht einen deutsch-französischen Kulturkanal aufzubauen.

 

1991 existiert ARTE bereits auf dem Papier.

Der Gründungsvertrag für einen europäischen Kultursender wird 1990 am Vortag der deutschen Wiedervereinigung unterzeichnet. 1991 wird der Rechtsstatus und die Finanzierung von ARTE zu 95 % durch die Rundfunkbeiträge aus beiden Ländern festgelegt. Die Strukturen spiegeln die Organisation des Rundfunks in beiden Ländern wider: zentralisiert in Frankreich, dezentralisiert in Deutschland. ARTE setzt sich aus drei Einheiten zusammen: Der Zentrale ARTE GEIE in Straßburg und die beiden Mitglieder ARTE France in Paris und ARTE Deutschland TV GmbH in Baden-Baden. Außerdem werden weitere Partnerschaften mit anderen öffentlich-rechtlichen Sendern wie dem RTBF in Belgien, dem ORF in Österreich, SRG SSR in der Schweiz oder YLE in Finnland geschlossen.

  • 2. Oktober 1990: Der französische Minister für Kultur und die Ministerpräsidenten der 11 westdeutschen Bundesländer unterzeichnen den zwischenstaatlichen Vertrag und legen so das Fundament für den Europäischen Kulturkanal. Die fünf neuen ostdeutschen Bundesländer treten dem Vertrag im November 1996 bei.
    Der Vertrag beinhaltet das Ziel, „eine gemeinsame unabhängige Fernsehgesellschaft mit kultureller und europäischer Ausrichtung mit Sitz in Straßburg, nachstehend «Europäischer Fernsehkulturkanal» (EKK) benannt, zu errichten, in dem Bestreben, das Verständnis und die Annäherung zwischen den Völkern in Europa zu festigen, in dem Wunsch, den Bürgern Europas ein gemeinsames Fernsehprogramm anzubieten, welches der Darstellung des kulturellen Erbes und des künstlerischen Lebens in den Staaten, Regionen und der Völker Europas und der Welt dienen soll […].“
  • 30. April 1991: Der Europäische Kulturkanal A.R.T.E. (Association Relative à la Télévisione Européenne) wird in Straßburg in Form einer Europäischen Wirtschaftlichen Interessensvereinigung bzw. Groupement Européen d’Intérêt Economique (G.E.I.E.) gegründet. Er setzt sich zu gleichen Teilen aus einem französischen Mitglied, La SEPT, und einem deutschen, ARTE DEUTSCHLAND, zusammen, der Sitz befindet sich in Straßburg. Die erste Mitgliederversammlung ernennt die Mitglieder des Vorstands: Jérome Clément, Präsident von La SEPT, wird Präsident, Vizepräsident wird Dietrich Schwarzkopf, Programmdirektor der ARD; erster Programmdirektor ist André Harris, Verwaltungsdirektor wird Winfried Enz. Der Gründungsvertrag gibt ihnen den Auftrag, „Fernsehsendungen sowie Inhalte […] auszustrahlen oder ausstrahlen zu lassen, […] die in einem umfassenden Sinne kulturellen und internationalen Charakter haben und geeignet sind, das Verständnis und die Annäherung der Völker in Europa zu fördern.“

    Signature création d'ARTE 1991

    Unterzeichnung des Gründungsvertrags von ARTE 1991 in Straßburg © Archives de la Ville et de l’Eurométropole de Strasbourg, phot. E. Laemmel

Das französische ARTE-Mitglied, La SEPT (Société d’Edition de Programmes de Télévision), 2000 umbenannt in ARTE France, wird in Paris im Februar 1986 gegründet, Gesellschafter sind zu 45% der regionale öffentlich rechtliche Kanal FR3, der französische Staat zu 25%, Radio France zu 15% und das INA (Institut National de l’Audiovisuel) zu 15%. Die ersten Präsidenten sind Georges Duby und Bernard Faivre d’Arcier, ihnen folgt Jérôme Clément nach. La SEPT stellt die ersten Programme von ARTE. Das deutsche Mitglied, ARTE Deutschland GmbH, wird im März 1991 in Baden-Baden gegründet, Gesellschafter sind jeweils zu 50% die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF.

 

1992 wird ARTE in zwei Sprachen in drei Viertel der deutschen und französischen Haushalte übertragen.

Das ARTE-Programm wird in Frankreich und Deutschland von den meisten Haushalten empfangen. In Frankreich hat der Sender einen besonders hohen Bekannheitsgrad, da er zu den sechs Sendern gehört, die vor der Umstellung auf ADSL und TNT Ende der Neunziger Jahre per Antenne übertragen werden. In Deutschland herrscht eine größere Konkurrenz zwischen ungefähr dreißig Sendern, die über Kabel senden. Der Sender, der anfänglich nur ein Abendprogramm ausstrahlt, wird zum Pionier im digitalen Bereich: Nach der Einführung des Digitalfernsehens dehnt ARTE sein Programm auf den ganzen Tag aus.

  • 1991: Die ersten Mitarbeiter des Senders beziehen ihren Gesellschaftssitz zunächst in Straßburg in den Räumlichkeiten des Senders FR3 Alsace und dann 1992 in der Rue de la Fonderie. Die erste Programmkonferenz tritt im November 1991 zusammen.
  • 30. Mai 1992: Eröffnungsfeier live aus der Straßburger Oper. Das Programm wird abends ab 17.00 Uhr übertragen, in Frankreich auf dem Kanal LA SEPT und in einem Sendefenster des Regionalsenders FR3 Samstag Mittag über Antenne, in Deutschland via Kabel.
  • 28. September 1992: Verbreitung in Frankreich ab 19.00 Uhr per Satellit in 72% der französischen Haushalte.
    ARTE wird das 5. Sendernetz zugeteilt, das vorher von La Cinq, einem privaten Sender Silvio Berlusconis, besetzt war. Dieser Schritt hat eine besondere Bedeutung für den Erfolg des Senders, da die Verbreitung zuvor über den Satelliten TDF1 erfolgte, der nur von wenigen Haushalten empfangen wird.

 

 


Datum:

19. Juli 2022