Der vierteljährlich tagende Programmbeirat von ARTE Deutschland, der aus Vertreter:innen des kulturellen Lebens der Bundesrepublik besteht, berät die Geschäftsführung und die Gesellschafterversammlung in Programmfragen.
Jeder Rundfunkrat der ARD-Gesellschafter benennt ein Beiratsmitglied, der ZDF-Fernsehrat entsendet insgesamt ebenso viele Beiratsmitglieder wie die ARD. Der/die Vorsitzende des Programmbeirats erstattet der Gesellschafterversammlung von ARTE Deutschland alle 18 Monate Bericht.
Die Mitglieder des Programmbeirats von ARTE Deutschland
12. Amtsperiode (01.11.2024–31.10.2027)
Von der ARD entsandte Mitglieder: | Vom ZDF entsandte Mitglieder: |
Marliese Klees Stellvertretende Vorsitzende |
Dr. Richard Meng Vorsitzender |
Dr. Martina Eglauer VHS-Leitung und Geschäftsführung des Zweckverbandes Kommunale Bildung entsandt durch den Bayerischen Rundfunk |
Prof. Dr. Hans-Günter Henneke Geschäftsführendes Präsidialmitglied Deutscher Landkreistag |
Daniel Frey Mediensprecher der Europa-Union Baden-Württemberg entsandt durch den Südwestrundfunk |
Michael Jörg Vorsitzender Club Aktiv Trier e. V. Vertreter „Inklusive Gesellschaft“ |
Hildegard Klär Stellvertretende Landesvorsitzende der Europa-Union Hessen e. V. entsandt durch den Hessischen Rundfunk |
Katrin Kroemer Schatzmeisterin des Deutschen Journalisten-Verbandes e.V. DJV-Bundesvorstand |
Kristin Niemann Vorständin des Landesmusikrats Bremen entsandt durch Radio Bremen |
Felizia Möhle Vorstandsvorsitzende Vielfalt Leben – QueerWeg Verein für Thüringen e. V. Vertreterin LSBTTIQ |
Prof. Dr. Ursula Rudnick Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e. V. entsandt durch den Norddeutschen Rundfunk |
Rainer Robra Staatsminister und Minister für Kultur, Chef der Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt |
Irene Schucht Stabsleiterin Europa und Produkte, Investitionsbank Berlin entsandt durch den Rundfunk Berlin-Brandenburg |
Ali Ertan Toprak Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände (BAGIV) |
Sarah Sieber Geschäftsführerin Ehrenamt und Kommunikation, IHK zu Leipzig entsandt durch den Mitteldeutschen Rundfunk |
Barbara Wackernagel-Jacobs Produzentin carpe diem Film & TV Produktion, Ministerin a.D. |
Dr. Constanze Tiwisina Abteilungsleiterin Medienregulierung, Vodafone Düsseldorf entsandt durch den Westdeutschen Rundfunk |
Franziska Weidinger Ministerin für Justiz und Verbraucherschutz des Landes Sachsen-Anhalt |
Aktuelles
Mit seiner Sitzung am 3. Dezember 2024 in Mainz hat der Beirat seine Arbeit für die neue dreijährige Amtsperiode begonnen. Etwa die Hälfte der Mitglieder, die von den Rundfunkräten der ARD-Sender sowie vom ZDF-Fernsehrat entsandt werden, ist neu. Zu Vorsitzenden sind Dr. Richard Meng (ZDF-Fernsehrat) und Marliese Klees (Saarländischer Rundfunk/ARD) gewählt worden.
In einer Diskussion mit der ARTE-Vizepräsidentin Heike Hempel wurde deutlich, dass die Sorge des Beirats ARTE Deutschland wegen der medienpolitischen Unsicherheiten in Deutschland und Frankreich gewachsen ist. Auf deutscher Seite betrifft das sowohl die geplanten Vorgaben der Länder im Medienstaatsvertrag als auch die damit zusammenhängende Ungewissheit der künftigen Finanzierung. Die Beiratsmitglieder wollen in ihren entsendenden Gremien (Rundfunkräte, Fernsehrat) verstärkt darauf hinweisen, dass ARTE auf dem Weg zur europäischen Medienplattform finanzielle Planungssicherheit braucht.
Der Beirat will in seinen nächsten Sitzungen einen besonderen Schwerpunkt auf die Diskussion des Unternehmensplans von ARTE für die Jahre 2025 bis 2028 legen, in dem ein stärkerer Schwerpunkt bei den digitalen Angeboten gesetzt wird. Der Beirat sieht Gesprächsbedarf darüber, was das inhaltlich bedeutet und wie die journalistische Qualität des Programmangebots auch unter den Bedingungen immer neuer digitaler Abspielwege mit speziell darauf ausgerichteten Formaten gesichert werden kann.
Im Rahmen der Programmkritik diskutierte der Beirat unter anderem über den vom ZDF eingebrachten Film „Der Taylor Swift-Effekt – Pop-Ikone und politische Hoffnungsträgerin“. Neben großem Lob für das spannende Nachzeichnen des Lebenswegs des US-amerikanischen Popstars wurde dabei auch die Frage diskutiert, ob das Phänomen Swift und das damit zusammenhängende Wirtschaftsunternehmen nicht kritischer hätte eingeordnet werden können.
Weiteres Gesprächsthema war die vom SWR produzierte Serie „Die Spaltung der Welt 1939–1962“, mit der auf anspruchsvolle Weise in einer Mischung aus Dokumentation und nachgespielten Szenen eine publikumsnahe historische Einordnung von prägenden Ereignissen versucht wird, auf denen die heutige Weltordnung beruht. Insbesondere der Film über die Rolle der späteren israelischen Ministerpräsidentin Golda Meir in den Gründungswirren des Staates Israel erschien dem Beirat als ein sehr gelungenes Beispiel dafür, wie historische Aufarbeitungen beim Verständnis heutiger Konflikte (die Kriege in Nahost) helfen können.
Richard Meng / Marliese Klees
In seiner Sitzung am 15. und 16. Oktober 2024 hat sich der Beirat ausführlich mit der aktuellen Debatte über eine Reform der Medienstaatsverträge befasst. Dabei wurde deutlich, wie wichtig Erhalt und Ausbau des europäischen Profils von ARTE sind. Einschränkungen der kulturellen Programmvielfalt wären die falsche Antwort auf die Angriffe, denen sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk ausgesetzt sieht. Seine Kultur- und Informationskompetenz muss im Gegenteil gestärkt werden, seine Zukunftsdebatte sollte sich um inhaltliche Profile drehen und nicht vorwiegend um organisatorische Strukturen. ARTE hat dabei eine Schlüsselrolle bei der dringend notwendigen Stärkung der europäischen Öffentlichkeit und der Werte unserer offenen Demokratie.
Zentrales Thema bei der Programmbeobachtung und -kritik war diesmal der 90-minütige Dokumentarfilm “Was China der Welt nicht zeigt – Total Trust” (ZDF/ARTE), in dem beispielhaft gezeigt wird, wie in China mittels neuer technischer Möglichkeiten (Kameras im öffentlichen Raum, Gesichtserkennung, KI) Überwachung und Ausgrenzung von kritischen Menschen praktiziert wird. In ruhiger, detailgenauer und hochspannender Form zeichnet der Film das Bild eines Landes, in dem minutiöse Überwachung unter Missachtung elementarster Persönlichkeitsrechte längst zum Alltag gehört. Die Dokumentation legt ein Überwachungssystem offen, das mit einer demokratischen Gesellschaft unvereinbar ist, zugleich aber von vielen Menschen hingenommen wird, während jeder Ansatz von Systemkritik sofort sanktioniert werden kann. In der Diskussion im Programmbeirat wurde die Mahnung für die Zukunft der Demokratien herausgearbeitet, die sich angesichts der schon jetzt weltweit vorhandenen technischen Kontrollmöglichkeiten daraus ergibt.
Thema war auch die Doku-Serie “Die geheime Macht des Geschmacks” (NDR/ARTE), in der der wissenschaftliche Erkenntnisstand zur geradezu menschheitsgeschichtlichen Bedeutung des Geschmackssinns für Ernährungsverhalten und Zusammenleben herausgearbeitet wird – ein in der Öffentlichkeit bislang kaum beachtetes und deshalb umso spannenderes Thema. Diskutiert wurde an diesem Beispiel auch die notwendige Balance bei Wissenschaftsproduktionen zwischen fachlich-tiefgehender und verständlich-publikumsorientierter Darstellung. Im Beirat wurde positiv herausgehoben, dass diese Dokumentationen – ebenso die China-Doku – zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr ausgestrahlt wurden und dort ein großes Publikum gefunden haben
(Marliese Klees / Richard Meng, Vorsitzende des Programmbeirates)
In seiner Sitzung am 12. Juni 2024 im Europäischen Parlament in Straßburg hat sich der Programmbeirat von ARTE Deutschland intensiv mit Fragen rund um die Weiterentwicklung der europäischen Plattform von ARTE beschäftigt. ARTE hatte zuletzt große politische Unterstützung von seinen Gründungsländern Deutschland und Frankreich erhalten, im Rahmen des Staatsbesuchs von Emmanuel Macron in Deutschland sowie durch einen entsprechenden Beschluss der Rundfunkkommission der Länder.
Gegenstand der Diskussionen war zudem die zunehmende Bedeutung von KI für den Mediensektor. Dabei ging es u.a. um den rasanten Anstieg von KI-generierten Beiträgen im Netz, die Bedeutung dieser Entwicklung für eine demokratische Öffentlichkeit und der Umgang von ARTE damit – durch das Festschreiben eigener Maßstäbe für inhaltlich wertvolle, aufklärende Produktionen, „Human Control“, Transparenz und Vertrauenswürdigkeit.
Im Gespräch mit der Vizepräsidentin von ARTE GEIE, Heike Hempel, wurde deutlich, dass diese Entwicklungen in der Medientechnologie und -verbreitung zu den großen Herausforderungen der kommenden ARTE-Präsidentschaft und der öffentlich-rechtlichen Medien überhaupt zählen. Diese Aufgabe könnte durch aktuelle politische Entwicklungen in Europa, soweit dadurch die medienpolitische Handlungsfähigkeit gefährdet wird, noch zusätzlich erschwert werden.
Eine der vom Programmbeirat in dieser Sitzung besprochenen konkreten Sendungen greift diese Thematik auf. Die Diskussion um „Schlaue neue Welt – Das KI-Wettrennen“ (rbb/ARTE) veranschaulichte, welche Anstrengungen es braucht, um die rasante Entwicklung von KI sowie die auch dabei marktbeherrschende Stellung großer Tech-Unternehmen immer wieder nachzuvollziehen und dabei auch klare Maßstäbe und Leitlinien im Sinne einer offenen demokratischen Gesellschaft durchzusetzen.
Der Programmbeirat war sich einig, dass die auch im Medienbereich angesichts der neuen technischen Möglichkeiten begonnenen Umwälzungen dringend medienpolitisch aufgegriffen werden müssen. Es ist wesentlich, dass auch die Gremien der öffentlich-rechtlichen Sender diesen Prozess kontinuierlich und kritisch begleiten.
(Marliese Klees / Richard Meng, Vorsitzende des Programmbeirates)
In seiner Sitzung am 21. März 2024 in München hat sich der Programmbeirat intensiv mit Fragen der Programmplanung vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte über die Rolle der Medien in der Demokratie befasst. Im Gespräch mit dem stellvertretenden Programmdirektor Kultur des Bayerischen Rundfunks (BR), Andreas Bönte, wurde deutlich, dass eine Betonung der kulturellen Vielfalt, wie sie sich in unterschiedlichen Regionen und urbanen Lebensweisen entwickelt, einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des demokratischen Zusammenhalts leisten kann. Zugleich stellen sich damit inhaltliche Herausforderungen für eine kritische und konstruktive journalistische Begleitung der gesellschaftlichen Debatten, nicht zuletzt wenn es um den Konsens bzw. Dissens des Kulturbegriffes geht.
Der Beirat begrüßt ausdrücklich, dass dabei auch Akzente bei Mut machenden positiven Beispielen gesetzt werden. Anhand der Diskussion, über die vom BR für ARTE produzierte Serie „Gute Nachrichten vom Planeten“ wurde deutlich, wie wichtig es im Programmangebot geworden ist, positive Entwicklungen neben den vielen ungelösten Problemen unserer Gesellschaften herauszuarbeiten.
In einer differenzierten Diskussion über die vom ZDF beigesteuerte Dokumentation „Gekaufte Politik? Europa in der Korruptionskrise“ wurde die Bedeutung des selbstbewussten, unabhängigen Journalismus zur Benennung demokratiepolitischer Probleme herausgestellt. Der Beirat begrüßt das Aufgreifen von Transparenzproblemen innerhalb des parlamentarischen Systems und wünscht sich eine kontinuierliche, faire journalistische Auseinandersetzung mit dem Thema.
Der Programmbeirat sieht ARTE als herausragenden Sender für solche Fragen der politischen Kultur und wünscht sich auch deshalb eine klare Prioritätensetzung für ARTE bei den weiterhin anstehenden Finanzdebatten innerhalb der öffentlich-rechtlichen Anstalten.
(Marliese Klees / Richard Meng, Vorsitzende des Programmbeirates)
Schwerpunkt der Programmbeobachtungen waren Berichte zum Terroranschlag und Krieg im Nahen Osten. Journalistisches Neuland betritt die Dokumentation „Hamas-Angriff aufs Festival – Die Überlebenden des Wüsten Raves“, die auf der Basis von Handybildern Betroffener, israelischen Drohnenaufnahmen und auch einigen wenigen Hamas-Videos sowie Gesprächen mit überlebenden Israelis den brutalen Terrorangriff auf Israel nachzeichnet (ZDF/ARTE). Die einordnende Nutzung von Privataufnahmen bei historischen Ereignissen, der sensible und zugleich aufwühlende Umgang mit dem Bildmaterial und die zeitnahe journalistische Aufarbeitung unmittelbar nach dem Ereignis sieht der Beirat als wegweisend an. Zugleich wirft der Film grundlegende journalistische Fragen auf, die durch Vor- und Nachgespräche mit dem Autor innerhalb der Sendung angemessen behandelt wurden.
Die vor dem 7. Oktober ausgestrahlte Dokumentation „Der Nahe Osten zwischen Krieg und Frieden – Machtverschiebung in der Krisenregion“ (SWR/ARTE) zeigt einen sehr guten Überblick über (geo)politische und wirtschaftliche Entwicklungen und Konflikte im Nahen Osten der zurückliegenden Jahre. Der Programmbeirat sieht diesen Film als wichtige Ergänzung zum Verständnis der Situation an, da er Zusammenhänge zeigt, die in der Tagesberichterstattung so nicht dargestellt werden können.
Diskutiert und besprochen wurden außerdem ein Beitrag zu 75 Jahren Frankfurter Buchmesse (ZDF/ARTE) sowie die Webserie „Unhappy“ mit Ronja von Rönne (rbb/ARTE).
Der Programmbeirat dankte dem scheidenden Vizepräsidenten von ARTE, Peter Weber, für die konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit.
(Marliese Klees / Richard Meng, Vorsitzende des Programmbeirates)
Im Mittelpunkt der Programmbeobachtungen des Beirats standen ARTE-Dokumentationen zur jüngeren Geschichte Berlins und zur Szene der „Reichsbürger“. In der Diskussion dazu mit den verantwortlichen Redakteuren ging es immer wieder um die Aufgabenstellung eines kritischen und zugleich fairen, die Realität umfassend darstellenden Journalismus. Zur Entwicklung der Hauptstadt Berlin seit der Wiedervereinigung, dem Thema der Serie „Capital B – Wem gehört Berlin?“ (RBB), stand die Abbildung der Vielfalt der Metropole im Zentrum. Hinsichtlich der Dokumentation „Reichsbürger – Innenansichten einer extremistischen Bewegung“ (ZDF) ging es um die journalistische Aufarbeitung einer problematischen und die Demokratie herausfordernden Abwendung verschiedener Gruppierungen von der Mehrheitsgesellschaft. Hinsichtlich der weiteren Entwicklung von ARTE wurde in der Sitzung die Sorge deutlich, dass Deutschland bei der Finanzierung des deutsch-französischen Senders zurückfallen könnte, nachdem in Paris zuletzt deutliche Steigerungen für den französischen Finanzierungsanteil angekündigt wurden.
(Marliese Klees / Richard Meng, Vorsitzende des Programmbeirates)
Kontakt zum Programmbeirat von ARTE Deutschland
Email: programmbeirat@arte.de