Die Stadt der AnderenKurzdokumentarfilmwettbewerb
Frauen aus der Dritten Welt sind mobil wie nie zuvor und arbeiten in Haushalten der Ersten Welt. Die Hektik und die materialistische Gesellschaft der Industrieländer lassen berufstätigen Eltern wenig Zeit für Kinder oder Haushalt. Dafür stellen sie Gastarbeiterinnen aus armen Ländern ein. Die Arbeitsbedingungen gehören zwar zu den schlimmsten der Welt, aber die Frauen lassen sich dennoch darauf ein. Sie sind geblendet von der Aussicht, ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen und – noch wichtiger – Geld für ihre Kinder in die Heimat schicken zu können. Die Schere zwischen der Ersten und der Dritten Welt klafft so weit auseinander, dass selbst ausbeuterische Löhne noch höher sind als jene, die die Frauen in ihren Heimatländern verdienen könnten. Aus diesem Grund lassen Mütter ihre Kinder zurück – ein unerträglicher Gedanke für die Bewohner reicherer Länder. In der Ersten Welt verbessert sich für die Kinder die Betreuungssituation, in der Dritten Welt verschlechtert sie sich. In Anbetracht der historischen Verknüpfung von Arbeitsmigration und Haushaltshilfe besteht kein Zweifel daran, dass diese Beschäftigung lange Zeit als Reiseticket diente. Trotz der damit zusammenhängenden Entbehrungen und Einsamkeit sehen Frauen in aller Welt die Chance, aus einem perspektivlosen Leben auszubrechen und im Ausland so gut wie sicher – und schnell – Arbeit zu finden, wenn sie erst den Mut zum Weggehen aufbringen. Sie brauchen dafür noch nicht einmal die Sprache ihrer Dienstherren zu beherrschen , sie benötigen weder Bildung noch Berufserfahrung, obwohl dies einen Aufstieg in der (begrenzten) Hierarchie der Hausangestellten bedeuten könnte. Für Frauen in der ganzen Welt war Haushaltshilfe immer der einfachste Beruf. In der Vergangenheit bestanden Migrantenströme meist aus Frauen, die sich als Erste in den neuen Ländern niederließen. Entweder sorgten sie dort für ihren eigenen Lebensunterhalt oder sie fanden Ehemänner. Heutzutage ist die Situation vieler Frauen anders, insbesondere bei den Arbeitsmigrantinnen in Richtung Nahost. Diese Frauen erleben eine moderne Form der mehrjährigen Vertragsknechtschaft. Denn so funktioniert das so genannte „Kafala“-System. Das Besondere daran ist, dass der Staat einen beträchtlichen Teil seiner Regulierungsmacht über die Ein- und Ausreise fremder Staatsangehöriger an Privatpersonen abtritt. Als Wanderarbeiterinnen befinden sich die Frauen in äußerst prekären Verhältnissen. Sie haben keine Chance, allmählich Wurzeln in der neuen Heimat zu fassen und dort sowohl ihre Zugehörigkeit als auch ihre Ressourcen zu verbessern. Stattdessen arbeiten sie zu Hungerlöhnen und bleiben in den Aufnahmeländern sowohl rechtlich als auch gesellschaftlich außen vor.
Regie
Roser Corella
Land
Deutschland
Jahr
2021
Herkunft
ARTE