Zu schwarz, um französisch zu sein?
Die Regisseurin Isabelle Boni-Claverie ist schwarz. Sie wuchs in einem in keiner Weise sozial benachteiligten Umfeld auf und müsste eigentlich vollständig in die französische Gesellschaft integriert sein. Dennoch wird sie regelmäßig Opfer von Diskriminierung. Wo sind die republikanischen Ideale von Gleichheit und Brüderlichkeit geblieben? Boni-Claverie selbst hat recherchiert.
Frankreich, das Mutterland der Menschenrechte? Die Wirklichkeit sieht weniger rosig aus. Eine schlecht bewältigte koloniale Vergangenheit, Rückzug auf die nationale Identität, Erstarken des Front National und fest im kollektiven Unbewussten verankerte Vorurteile sorgen dafür, dass der Rassismus im Land auf dem Vormarsch ist. Die Regisseurin Isabelle Boni-Claverie ist schwarz. Sie wuchs in einem behüteten, in keiner Weise sozial benachteiligten Umfeld auf und müsste eigentlich vollständig in die französische Gesellschaft integriert sein. Dennoch wird sie regelmäßig Opfer von Diskriminierung. Wo sind die republikanischen Ideale von Gleichheit und Brüderlichkeit geblieben?
2010 organisierte sie – empört über die rassistischen Äußerungen des Parfümherstellers Jean-Paul Guerlain in einem TV-Interview – mehrere Demonstrationen auf den Champs-Elysées und handelte mit dem Luxuskonzern LVMH, dem auch die Marke Guerlain gehört, eine Reihe von Maßnahmen gegen Rassismus aus. Dennoch blieben ihr die Ereignisse, die in ihrem Film dokumentiert werden, in bitterer Erinnerung.
Warum gibt es in unserer Zeit immer noch rassistische Vorurteile? Isabelle Boni-Claverie versucht, diese Frage auf sehr persönliche Weise zu beantworten. Sie erzählt von der Ehe ihrer Großeltern in den 30er Jahren - ihre Großmutter war Französin, ihr Großvater stammte von der Elfenbeinküste - und von ihrer Kindheit im großbürgerlichen Milieu. Dabei untersucht sie den Zusammenhang zwischen ethnischer und sozialer Zugehörigkeit.
Nicht ohne Humor bittet die Regisseurin einige Opfer von Rassismus, vor laufender Kamera von ihren negativen Erfahrungen zu berichten. Im Zuge ihrer Analyse zieht sie die Ausführungen renommierter Soziologen, Historiker und Politologen wie Eric Fassin, Pap Ndiaye und Achille Mbembe heran. Entstanden ist eine sehr persönliche Dokumentation, die in der französischen Politik gegenwärtig zu beobachtende Tendenzen infrage stellt.
Regie
Isabelle Boni-Claverie
Land
Frankreich
Jahr
2014
Herkunft
ARTE F