Clara Surges/Théo Arbogast
45.000 Menschen sind am Sonntag in Madrid auf die Straße gegangen, um gegen die Katalonien-Politik der sozialistischen Regierung von Pedro Sanchéz zu demonstrieren. Zu den Protesten aufgerufen hatten die konservativen Oppositionsparteien und die rechtspopulistische Vox. Unter dem Motto „Für ein vereintes Spanien: Wahlen jetzt!“ warfen sie der Regierung vor, bei den Verhandlungen mit der separatistischen Regionalregierung Kataloniens zu nachgiebig zu sein. Außerdem hatte Sánchez versprochen, in absehbarer Zeit Neuwahlen abhalten zu wollen – auch diesbezüglich machen die Protestler Druck.
Bis zu 25 Jahre Haft für Spaniens Separatisten
Auch die Befürworter der Unabhängigkeit Kataloniens haben zu neuen Demonstrationen und Protestaktionen aufgerufen. Anlass ist der Prozess gegen katalanische Separatistenführer, der am Dienstag in Madrid beginnt – für Spanien der Prozess des Jahres. Zwölf früheren katalanischen Politikern und Aktivisten wird Rebellion, Aufruhr und Veruntreuung vorgeworfen. Ihnen drohen harte Haftstrafen: Für den früheren Vizepräsidenten Kataloniens, Oriol Junqueras, fordert die Staatsanwaltschaft 25 Jahre Haft, für die anderen Angeklagten - darunter Ex-Minister und zwei Anführer der Separatistenbewegung - zwischen 16 und 17 Jahre. Der damalige Anführer der Separatisten, der frühere Regionalpräsident Carles Puigdemont, steht nicht vor Gericht. Er setzte sich 2017 rechtzeitig ins Exil nach Belgien ab.
Kontrovers diskutiert: Rebellion oder nicht?
Das Gerichtsverfahren ist auf rund drei Monate angesetzt und wird live im Fernsehen übertragen. 500 Zeugen sollen vernommen werden, darunter auch Spaniens Ex-Ministerpräsident Mariano Rajoy. Kontrovers diskutiert wird vor allem der Tatbestand der „Rebellion“, der mit einer Höchststrafe von 30 Jahren Haft belegt werden kann. Gemäß dem spanischem Strafrecht setzt „Rebellion“ voraus, dass Gewalt eingesetzt oder zumindest zu ihr aufgerufen wurde. Während die Staatsanwaltschaft das als gegeben ansieht, wird es von der Verteidigung entschieden bestritten. Nicht von ihren Mandanten sei Gewalt ausgegangen, sondern von der Polizei. Sie habe am Tag des Volksentscheids am 1. Oktober 2017 auf Menschen eingeschlagen, die friedlich ihre Stimme abgeben wollten. Hunderte Menschen waren damals verletzt worden.
Sánchez zwischen den Stühlen
Neben dem brisanten Prozessauftakt steht der Regierung von Pedro Sánchez am Mittwoch eine schwierige Abstimmung bevor: im Parlament soll über den Haushalt 2019 entschieden werden. Sánchez setzt auf die Stimmen der linkspopulistischen Partei Podemos sowie von zwei separatistischen Parteien aus Katalonien. Ohne die Unterstützung der Separatisten, dürfte Sánchez die Abstimmung verlieren – im Gegenzug verlangen sie jedoch Gespräche über die Loslösung ihrer Region von Spanien. Pedro Sánchez steht also zwischen den Stühlen. Sollte die Regierung mit ihrem Etatentwurf scheitern, könnten Neuwahlen nötig werden.Das käme den rechten Parteien Spaniens gelegen – denn den aktuellen Umfragen zufolge würden sie diese gewinnen.