Selbstmordgedanken, Traumata und Panikausbrüche sind oft Folgen von Erlebnissen auf der Flucht und der aussichtslosen Situation, in der die Kinder sich befinden. Ärzte ohne Grenzen ist auf Lesbos die einzige NGO, die professionelle psychologische Unterstützung anbietet und kann somit nicht alle Fälle einzeln behandeln. Aus diesem Grund finden oftmals Gruppentherapien statt.
Verpflichtende Kinderrechte
Flüchtlingskindern steht dank Artikel 22 der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen in Ausnahmesituationen besonderer Schutz und humanitäre Hilfe zu. Alle EU-Mitgliedsstaaten haben diese unterschrieben und ratifiziert. Darüber hinaus genießen Flüchtlingskinder alle Rechte, die Staatsangehörigen des Landes in dem sie Asyl beantragen, zustehen. Das bestätigt auch die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und ihr ergänzendes Protokoll von 1967. Auch in regionalen Verträgen wie der Europäischen Konvention über die Ausübung der Rechte des Kindes, haben sich viele EU-Staaten zur Einhaltung von Kinderrechten verpflichtet.
Doch in dem überfüllten Flüchtlingslager ist dies nicht gewährleistet. Deswegen appelliert UNICEF regelmäßig an die EU, das Asylverfahren und somit die Übersiedlung aufs Festland für Kinder zu beschleunigen.
Kinderrechtsverletzungen: Eine verbreitete Praxis?
Auch an anderen Orten werden Kindern auf der Flucht ihre Rechte verwehrt. US-Präsident Trump kündigte kürzlich eine Regelung an, mit der illegal eingewanderte Kinder künftig auf unbegrenzte Zeit festgehalten werden könnten. Die USA ist auch das einzige Land der Vereinten Nationen, welches die Kinderrechtskonvention nicht ratifiziert hat. Australien wiederum hat den Vertrag in sein Recht übernommen. In der Kritik stand das Land 2018 wegen der fragwürdigen Praxis der Auslagerung von Flüchtlingslagern auf umliegende Pazifikinseln. Ärzte ohne Grenzen waren von der Insel Nauru verwiesen worden, nachdem sie auf verheerende Zustände und einen dramatischen Anstieg psychischer Erkrankungen bei Kindern hingewiesen hatten. Als Reaktion auf erhöhten internationalen Druck und eine Initiative unter dem Hashtag #KidsOffNauru entschied sich die australische Regierung schließlich, alle Flüchtlingskinder von Nauru nach Australien zu holen.
Keine Besserung in Sicht
Die Situation betrifft nicht nur Griechenland, sondern auch die EU: Die neuen Ankünfte deuten darauf hin, dass sich die Türkei nicht mehr an das Flüchtlingsabkommen hält, das seit 2016 die EU-Einwanderungspolitik regelt. Doch ohne Beschluss über einen Verteilungsschlüssel der Flüchtlinge, überlässt die EU dem seit Juli regierenden griechischen Ministerpräsidenten Mitsotakis die Situation. Neben der Verlegung der Flüchtlinge beschloss die griechische Regierung außerdem eine strengere Rückkehrpolitik für abgelehnte Asylbewerber sowie das Einspruchsverfahren in Asylentscheidungen abzuschaffen. Für die Kinder bedeutet dies zusätzliche Ungewissheit in einem ohnehin schon schwierigen Umfeld.