Untypisch für eine Anführerin. Von den typischen Attributen einer „Leaderin“ trifft auf Greta Thunberg nur das ausgeprägte Verantwortungsbewusstsein zu, mit dem sie als Vermittlerin einer dringenden Botschaft auftritt. Dies hat auch den Begriff „Climate Leader” geprägt, unter dem man heute eher einen Vertreter, als einen Anführer versteht.
Wer kann „Klima-Leader“ werden?
Greta Thunberg hat es vorgemacht: Jeder Mensch ist von der Klimakrise betroffen und somit qualifiziert, Verantwortung zu übernehmen. Das bedeutet, dass alle, die sich in besonderem Maße für den Klimaschutz einsetzen und andere Menschen mobilisieren, „Klima-Leader“ werden können. Greta Thunberg, die mit ihren 16 Jahren selbst noch im Schulalter ist, hat besonders Schüler dazu inspiriert, sich für den Klimaschutz stark zu machen. Doch ihr Vorbild zeigt auch, wie aufwendig und zeitintensiv der Job eines „Klima-Leaders“ ist. Deswegen hat sich Greta Thunberg Ende letzten Schuljahres dazu entschieden, vor dem Gymnasium ein Jahr Pause zu machen und sich ganz ihrem Engagement in der Klimakrise zu widmen.
Wie schafft es ein junger „Leader“ ins Rampenlicht?
Mal politische Zielscheibe, dann doch wieder nur Schulkind. Junge Aktivisten müssen sich erst einmal Gehör verschaffen, um überhaupt politisch mitreden zu können. Um sich zu behaupten, ist die Präsenz in Sozialen Netzwerken und besser noch Auftritte oder Interviews in Presse, Fernsehen und Radio unabdingbar. Dazu gab es beim „Youth Climate Summit“, der am 21. September zum ersten Mal von den Vereinten Nationen veranstaltet wurde, eine ganze Reihe an Workshops. In dem interaktiven Arbeitskreis „Instagram On Purpose“ lernten die Klimaaktivisten, wie sie das Soziale Netzwerk richtig für ihre Zwecke nutzen können. Ein ähnliches Format bot auch die „Viral Video Masterclass“ von der Organisation „Hashtag Your Story“, wo die Jugendlichen am Ende mit drei eigenen Videos herauskamen. Besonders relevant für die jungen Aktivisten war die Veranstaltung „Anatomy of Influence“. Dort wurde erklärt, wie sie Zugang zu einflussreichen Entscheidungsträgern erlangen können - auf formellem, aber auch auf informellem Wege.
Das Gelernte konnten die Jugendlichen gleich vor Ort testen: Unter dem Motto „Intergenerational Town Hall: Young Leaders Engage With World Leaders“ fand eine Diskussionsrunde mit der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte statt. Michelle Bachelet erklärte den Klimawandel vor kurzem zur größten Bedrohung für Menschenrechte. Eine weitere prominente Teilnehmerin: Mary Robinson, die sich als Vorsitzende der Gruppe ehemaliger Staatsmänner und -frauen „The Elders“ („Die Ältesten“) seit Jahren für Klimagerechtigkeit einsetzt.
Die Kehrseite des „Leader-Seins“
In ihrer Vorbildfunktion ist Greta Thunberg ständig unter Beobachtung. Ihr Image und somit auch ihr Erfolg beruhen auf einer Mischung aus Authentizität und ehrlicher Betroffenheit, die sie in ihren Reden an den Tag legt. Auf Twitter beschreibt sie sich selbst als „16 Jahre alte Klimaaktivistin mit Asperger“. Doch genau diese Authentizität wird immer wieder infrage gestellt. Abgesehen von den Kritikern, die sich gegen einen Schulstreik aussprechen, muss Greta Thunberg sich regelmäßig gegen persönliche Attacken wehren. Zuletzt nannte Arron Banks, großer finanzieller Unterstützer der Brexit-Kampagne, sie einen „Freak” und zog ihre Entscheidung, über den Atlantik zu segeln, ins Lächerliche.