Jeder, der auf Instagram Lifestyle-, Travel- und Sport-Influencern oder Reality-TV-Stars folgt, ist in den letzten Jahren zwangsläufig schon mal einer Werbung für Saudi-Arabien begegnet. Das Königreich hat massiv in das soziale Netzwerk investiert. Auch unsere Redaktion blieb nicht verschont: Immer wieder tauchte Saudi-Arabien in unserem Instagram-Newsfeed auf, mit Fotos von modernen Luxushotels, künstlichen Inseln und Kooperationen zwischen Influencern und saudischer Regierung.
Parallel dazu haben wir aufmerksam die Arbeit von NGOs wie Amnesty International oder Human Rights Watch verfolgt, die regelmäßig Berichte veröffentlichen und auf das Schicksal der Saudis aufmerksam machen. Denn die Repression gegen die Internetnutzer vor Ort hat sich drastisch verschärft, seit Mohammed bin Salman an der Macht ist.
Diesen Widerspruch haben wir darzustellen versucht.
Die Recherche umfasst mehrere Kapitel, die eines gemeinsam haben: die Kontakte zu unseren Quellen. Sie waren besonders wichtig, denn durch sie bekamen wir Einblicke, die Investigativjournalisten normalerweise verwehrt bleiben.
Die Influencer
Wir wollten mehr herausfinden über die Saudi-Arabien-Reisen der Influencer: Was zahlt man ihnen dafür? Wie werden sie kontaktiert? Welche Reisebüros bringen sie ins Land? Und wie verläuft ihr Aufenthalt vor Ort?
Wir hatten nur eine Möglichkeit: die Influencer einzeln anzuschreiben und zu hoffen, dass manche uns antworten und mit Informationen versorgen würden.
In einer Excel-Tabelle haben wir sorgfältig sämtliche Influencer erfasst, die auf Instagram und/oder TikTok in den letzten fünf Jahren etwas unter dem Hashtag #visitsaudi veröffentlicht hatten, sowie die Namen der jeweiligen Reisebüros und die Dauer der Aufenthalte.
Dann haben wir sie kontaktiert, einen nach dem anderen. Es waren mehr als dreihundert!
Von den meisten kam keine Antwort. Aber wir haben immerhin mit einem Dutzend Influencer telefoniert, und manche waren bereit, uns weiterzuhelfen.
Das Internet Governance Forum
In unserem Beitrag interessieren wir uns für das IGF. Wir haben uns die Veranstaltung vorab angeschaut, um die für uns relevanten Momente herauszupicken. Wir haben mit allen vor Ort anwesenden NGOs gesprochen sowie mit denen, die aus der Ferne teilnahmen. Wir haben die Workshops herausgesucht, die uns interessierten, und haben sie live aufgezeichnet und/oder heruntergeladen, sobald sie auf dem offiziellen YouTube-Kanal des IGF veröffentlicht wurden. So kamen wir an das unzensierte Video vom Forum.
Die saudischen Häftlinge
Saudi-Arabien ist für Journalisten und Menschenrechtsaktivisten schwer zugänglich. Keine einzige internationale NGO hat eine Niederlassung im Land, und die saudischen Aktivisten wurden allesamt verhaftet; manche sitzen seit mehr als zehn Jahren im Gefängnis.
Um über die Lage vor Ort zu berichten, haben wir uns auf die Arbeit internationaler NGOs wie Human Rights Watch und Amnesty International gestützt, vor allem aber auf saudische Exil-NGOs wie Al-Qst und Sanad in London, ESOHR in Berlin und Beyrouth oder DAWN in den USA.
Sie alle haben wertvolle Kontakte vor Ort, die sie über das Schicksal der Häftlinge und mögliche Freilassungen informieren. Diese Quellen sind deshalb so wichtig, weil von der saudischen Regierung keinerlei Kommunikation ausgeht. Die genaue Zahl der Saudis, die wegen ihrer Online-Äußerungen inhaftiert wurden, ist nicht bekannt. Die Schätzungen gehen weit auseinander: Es könnten Hunderte sein oder Tausende.
Die Arbeit der NGOs ist unersetzbar und war für unsere Recherche unerlässlich, denn es ist extrem schwierig bis unmöglich, direkt mit Saudis zu sprechen, die im Königreich leben. Man darf nicht vergessen, dass manche eben deshalb eingesperrt wurden, weil sie mit ausländischen Journalisten sprachen, wie zum Beispiel die feministische Aktivistin Loujain al-Hathloul.
Monatelang haben wir täglich Gespräche mit mehreren Aktivisten geführt und jedes Mal sämtliche Informationen überprüft und abgeglichen.
Die saudische Menschenrechtskommission
Um herauszufinden, welche Strategie die saudische Menschenrechtskommission verfolgt, haben wir uns ihre arabischen und englischen Veröffentlichungen auf diversen Social-Media-Kanälen wie X (vormals Twitter) und YouTube detailliert und gründlich angeschaut. Dabei konnten wir einen großen Kontrast feststellen zwischen dem Saudi-Arabien, wie es die Kommission beschreibt, und der Realität vor Ort. So lobt die Kommission zum Beispiel die Menschenrechtspolitik des Kronprinzen, während in Wahrheit noch nie so viele Gefangene hingerichtet wurden wie 2024. Ferner begrüßt die Kommission die wachsende Selbständigkeit der saudischen Frauen im Internet; dabei hat die Regierung die junge Fitnesstrainerin Manahel al-Otaibi zu elf Jahren Haft verurteilt, weil sie online das Ende der männlichen Kuratel forderte.
Wir haben die Kommission mehrfach unter verschiedenen E-Mail-Adressen angeschrieben und um eine Erklärung gebeten. Unsere E-Mails wurden zwar gelesen, aber nie beantwortet.
Nützliche Links
Berichte
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