Die Gesichtserkennung löst überall auf der Welt Bedenken aus. In einem im November 2024 veröffentlichten Video kündigte das kasachische Innenministerium die Einführung dieser umstrittenen Technologie in Almaty und Astana an, den beiden größten Städten des Landes – offiziell als Hilfe im Kampf gegen die Kriminalität.
Doch wie kann man sicher sein, dass die Gesichtserkennung nicht zur Überwachung von Bürgern und Dissidenten eingesetzt wird? Eine Frage, die in Kasachstan besonders akut ist. In dem zentralasiatischen Land stehen Menschenrechtsaktivisten und Regimegegner ohnehin schon im Fokus von Polizei und Behörden. Auf Facebook und Telegram berichten sie von dem Druck, der auf sie ausgeübt wird. Sie filmen die Überwachungskameras vor ihrer Wohnung und die Streifenwagen, die ihnen folgen. Oder sie posten die Ablehnungsschreiben, die sie jedes Mal erhalten, wenn sie eine friedliche Demonstration beantragen. Viele Regimegegner wurden bereits verhaftet, so auch der politische Aktivist und ehemalige Marathonläufer Marat Zhylanbayev. Im November 2023 zwurde er zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt – wegen „Extremismus“.
Im Gespräch mit kasachischen Menschenrechtsaktivisten und bei Recherchen in den sozialen Netzwerken stießen wir auf drei besonders beunruhigende Videos: Sie zeigen Aktivisten, die von der Polizei angehalten werden, nachdem sie in Echtzeit ins Netz der Gesichtserkennung gegangen sind. Auf einem Video sieht man, wie die Polizisten die Benachrichtigung erhalten, dass die Person als „Aktivist“ gelistet ist.
Für den Aktivisten Abaibek Sultanov ist klar: Das kasachische Regime missbraucht die neue Technologie, um noch mehr Druck auf Dissidenten zu machen. Wir wollten herausfinden, welche Unternehmen diese Technologien nach Kasachstan verkaufen.
Wochenlang nahmen wir Überwachungsvideos aus den Kontrollzentren der kasachischen Polizei unter die Lupe. Manche dieser Videos stammten aus Reportagen des kasachischen Fernsehens, andere wurden von der Polizei, dem Innenministerium oder dem Präsidialamt veröffentlicht.
Wir sichteten sie in Zeitlupe, manchmal Bild für Bild, um die Logos und Benutzeroberflächen auf den Bildschirmen der Polizisten erkennen zu können. In den sozialen Netzwerken stießen wir auf kasachische Unternehmen, die an der Einrichtung neuer Videoüberwachungszentren beteiligt waren, und konnten so herausfinden, wer ihre ausländischen Partner und Zulieferer sind.
Bei jedem identifizierten Unternehmen studierten wir die Betriebsanleitung der Softwares oder Kameras, um zu verstehen, wie sie funktionieren und in welchem Maß sie in die Gesichtserkennung in Kasachstan verwickelt sind.
Aqköl, die erste Smart City Kasachstans:
Gesichtserkennung in Kasachstan:
Gesichtserkennung in Europa / weltweit:
Repression von Aktivisten und Regimegegnern in Kasachstan:
- Ein hartes Jahr für die Menschenrechte (Open Dialogue Foundation, 13.02.2025)
https://en.odfoundation.eu/content/uploads/2025/02/13.02.2025_report_political_prisoners_kz_fin_eng-1.pdf
Chinesischer Einfluss bei den Überwachungssystemen in Zentralasien:
Kasachische Gesetzgebung zu Versammlungsrecht und Überwachung: