Um die sozialpolitischen Maßnahmen zu finanzieren, installierte die Sozialdemokratische Partei ein relativ simples Programm: Steuern für Reiche und auf deren Luxus, etwa Champagner, Pferderennen und Bordell-Besuche. Durch die Steuereinnahmen konnte man es sich leisten, Mietpreise sehr niedrig zu halten, Platz für Grünflächen zu lassen und die eigenen Errungenschaften werbewirksam für die nächste Wahl zu inszenieren. Im Wohnbau formulierte sich die ganz allgemeine, politische Frage: Wie leben?
Dass die Antwort hierauf umstritten war, verdeutlicht der Bürgerkrieg 1934, der das „Rote Wien“ für beendet erklärte. Die diktatorischen Austrofaschisten setzten die Stadtregierung ab, das umverteilende Steuersystem wurde aufgehoben und der soziale Wohnbau erst nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgenommen.
Bis heute leben 500.000 Menschen, also 25% aller Wiener, in Gemeindebauten, viele der Waschsalons und Kindergärten bestehen bis heute. Dementsprechend groß ist die soziale Durchmischung: Ökonomisch Bedürftige werden zwar bevorzugt, jeder und jede kann sich aber bei der Stadt Wien für eine Wohnung anmelden. Das hat durchaus Vorteile: „So entstehen keine Ghettos mit einer sozialen Eigendynamik, wie die Pariser Banlieues“, erklärt Walter Matznetter.