BELGIEN
Flandern und Wallonien
Das 1830 gegründete Belgien ist ein föderaler Staat, bestehend aus drei Regionen: Die Flamen leben in Flandern und sprechen Niederländisch (6,5 Millionen Einwohner), während in Wallonien Französisch und zu einem kleinen Teil Deutsch gesprochen wird (3,5 Millionen Einwohner). Die Hauptstadt Brüssel (1,1 Millionen Einwohner) ist eine eigenständige Region. Die Regionen verbindet nicht viel: Die Sprachgemeinschaften haben separate Medien und Parteien. Dazu kommt ein Nord-Süd-Armutsgefälle: In Wallonien sind 8 Prozent der Bevölkerung arbeitslos, in Flandern nur 3,5 Prozent.
Der Streit zwischen Flamen und Wallonen reicht bis ins 19. Jahrhundert. Es ist ein sozialer Konflikt, ein Sprachenkonflikt, ein Kampf um Macht. Verschiedenen Bewegungen und Parteien forderten über die Jahre mehr Rechte für ihre jeweilige Region und Sprache, die Umwandlung Belgiens in eine Konföderation oder eine gänzliche Spaltung des Landes.
Für letzteres engagiert sich heute vor allem die Partei Neu-Flämische Allianz (N-VA). Ihr Argument: Große Fragen wie Verteidigung oder Migration müssten EU-weit geregelt werden. Lokalere Themen sollten auf lokalpolitischer Ebene ausgehandelt werden. Wallonien und Flandern seien folglich alleine stärker als zusammen. Die N-VA ringt jedoch nicht um ein kurzfristiges Unabhängigkeitsreferendum, sondern setzt auf eine stückweise Abspaltung. Vielleicht auch, weil Umfragen zufolge nur ein Fünftel der Flamen die Unabhängigkeit will. Trotzdem wurde die N-VA bei den letzten Wahlen Ende Mai 2019 stärkste Partei mit einem Wähleranteil von 25 Prozent. Gemeinsam mit der rechtsextremen und ebenfalls separatistischen Partei Vlaams Belang erreichte die N-VA 43 Prozent der Stimmen.
Journalist: Marlene Thiele
Grafiker: Jimmy Cuquel