Staatszensur als Regel
„Die Regierung kann jede Wahrheit, und vor allem, wenn sie von Journalisten kommt, einfach zur staatsfeindlichen Alternativwahrheit erklären“, stellt ein ehemaliger ägyptischer Journalist fest. „Wer recherchiert, ist schon automatisch bedroht. Für Kritik ist in Ägypten kein Platz mehr.“ Die wenigen Dissidenten, die noch ein gewisses Echo finden könnten, werden systematisch mundtot gemacht.
So wurde etwa der Chefredakteur des unabhängigen Mediums Mada Masr am 23. November 2019 bei sich zu Hause festgenommen, am Tag danach die Redaktion durchsucht. „Sie haben Computer und Handys analysiert, Dokumente fotografiert und beschlagnahmt, alles ganz genau unter die Lupe genommen“, erzählte Lina Attallah, Mitbegründerin von Mada Masr, unseren Kollegen von Libération. Auslöser der Einschüchterungsaktion dürfte ein kurz zuvor veröffentlichter Artikel gewesen sein. Er betraf einen der Söhne von Al Sissi, der zum Botschafter in Moskau ernannt wurde, obwohl er wegen Vergehen als Geheimdienstoffizier in der Kritik steht.
Zwei Tage danach erregte die Verhaftung der Journalisten Solafa Magdy, Hosam El-Sayyad und Mohamed Salah international Empörung. Trotz weltweiter Forderungen nach sofortiger Freilassung stellte sie das Staatssicherheitsgericht unter Anklage, El-Sayyad und Salah wegen Zugehörigkeit zu einer Terrorgruppe, Magdy wegen Verbreitung von Falschinformationen.
Nach Meinung von ägyptischen Aktivisten dient die jetzt debattierte Gesetzesabänderung einzig und allein dazu, der bereits ausgeübten Repression eine gesetzliche Grundlage zu geben. Laut Claire Talon handelt es sich „nur um einen weiteren Schritt in der seit langem praktizierten Gängelung der Presse“, die das Land unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung „dem Totalitarismus noch ein wenig näherbringt.“
Selon plusieurs activistes égyptiens, l’amendement sur le point d’être adopté par le Parlement, ne changera pas vraiment la donne et se contentera de «légaliser la répression ». Cette étape ne viendrait que « parfaire un processus de verrouillage qui s’est mis en place depuis longtemps » faisant « basculer peu à peu le pays dans un totalitarisme » au nom d’une lutte contre le terrorisme, considère Claire Talon.
„Der Kampf gegen den Terror ist die Trumpfkarte, die regelmäßig ausgespielt wird, um zu rechtfertigen, was nicht zu rechtfertigen ist“, kritisiert Katia Roux von Amnesty International France. Sie ruft zu internationalem Protest auf und erklärt das Schweigen der Welt mit der Rolle Ägyptens als wichtiger Handelspartner Frankreichs – insbesondere im Bereich Waffen und Überwachungstechnologie – und als Stabilitätsgarant in einer Region, in der der islamistische Terror besonders aktiv ist. „Reaktionen ausländischer Staatsmänner“, fügt sie hinzu, „sind jedoch ein wesentlicher Beitrag zum Schutz jener, die in Ägypten noch für Meinungsfreiheit einstehen. Ägypten muss wissen, dass man ihm auf die Finger schaut.“
Im Dezember 2019 zählte die NGO Komitee zum Schutz der Journalisten 29 inhaftierte ägyptische Journalisten. Damit sichert sich Ägypten nach China und der Türkei weltweit den dritten Platz auf dem Podium der Repression der Meinungsfreiheit.